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Die Permanenz der Continente und Oceane
(S347a: 1882)

 
Editor Charles H. Smith's Note: An essay published in German in the January 1882 issue of Auf der Höhe (Leipzig). An English translation of this work will appear in the Fall 2019 issue of the Archives of Natural History, along with commentary. To link directly to this page, connect with: http://people.wku.edu/charles.smith/wallace/S347A.htm


[[p. 36]] Die Permanenz der Continente und Oceane.

[Nachdruck verboten.] [Uebersetzungsrecht vorbehalten.]

     Es ist eine Grundfrage, inwiefern die Vertheilung von Meer und Land während der geologischen Zeit sich gleich blieb. So lange diese Frage unerledigt ist, haben wir keinen festen Ausgangspunkt für unsere Erforschung der Gesetze, welche die geographische Vertheilung der Organismen bestimmt haben; andrerseits, wenn die Continente und Oceane vergangener geologischer Zeiträume zu den jetzt vorhandenen in keinem bestimmten Verhältniss gestanden, sondern unbestimmten Schwankungen unterlegen haben, so müssen alle Versuche, die Climate jener Perioden, soweit sie von der Vertheilung von Meer und Land und den Wirkungen der Meeresströmungen abhängig waren, zu erklären, vergebens sein. Es ist daher von der höchsten Wichtigkeit, festzustellen, worauf die uns gegenwärtig zugängliche Evidenz in Wirklichkeit hinausläuft und ob die jetzt gewöhnlich acceptirten Ansichten mit dieser Evidenz vereinbar sind.

     Vor noch nicht sehr langer Zeit war der Glaube an die Beständigkeit von See und Land fast allgemein, und er führte zu dem, wie uns scheint, thörichten Schluss, dass Fossilien nicht die Ueberreste lebender Thiere, sondern von einer Gestaltungskraft der Natur im Gestein, wo man sie fand, gebildet worden. Dieser Schluss war indessen streng logisch; denn bei dem Mangel an jeder anderen Evidenz, dass das trockene Land unter dem Meere entstanden sei, erschien die Thatsache, dass Steine, welche Muscheln, Knochen und Fischschuppen glichen, im Gestein, oft auf den Gipfeln hoher Berge, vorkommen, als eine ganz unzulängliche Unterlage, um darauf eine Lehre zu gründen, die für so unwahrscheinlich gehalten werden musste. Als jedoch die sorgfältigen Beobachtungen der Geologen erwiesen, dass alle diese Fossilien in geschichteten Gesteinen vorkämen, welche in jeder Einzelnheit ihres Baues, ihrer Zusammensetzung und Anordnung mit vom Wasser gebildeten Ablagerungen übereinstimmen, und dass keine [[p. 37]] andere bekannte natürliche Ursache genügend sei, diese vom Kleinsten bis ins Allgemeine gehenden Aehnlichkeiten hervorzubringen, war der Schluss nicht weniger logisch, dass diese Fossilien, von denen die grosse Mehrzahl Meeresorganismen glichen, wirklich lebende Thiere gewesen wären und in dem Gestein, das über ihnen abgesetzt worden war, aufbewahrt geblieben seien.

     Geschichtetes Gestein, welches die Fossilien-Ueberreste von Thieren enthält, die mit denen identisch oder nahe verwandt sind, welche jetzt im Meere leben, finden sich mehr oder minder weit über alle Continente zerstreut, und bis zu grossen Höhen hinauf in vielen Gebirgsketten. Daher schloss man mit gleicher Gewissheit, dass alle diese Gegenden der Erde zu einer oder der andern Zeit den Meeresboden gebildet hätten. Man gelangte jedoch zu noch einem weiteren Schlusse, der nicht logisch war. Man war nämlich so überrascht von der Thatsache, dass geschichtete Ablagerungen mit Seemuscheln bis zu einer Höhe von 10,000 Fuss in den Alpen und bis zu einer weit grösseren Höhe in den Himalayas gefunden wurden, und von der Ausdehnung der Flächenräume, über welche geologische Formationen sich erstrecken, dass es nothwendig schien, das frühere Vorhandensein anderer Festländer dort anzunehmen, wo jetzt die tiefen Oceane sich wälzen, um zu der Erklärung zu gelangen, dass diese das Geröll geliefert, aus dem unsere jetzigen Continente gebildet wurden. Daher entstand der Glaube an den wechselseitigen Uebergang von Oceanen und Continenten in einander, der sich vielleicht während der mächtigen Aeonen geologischer Zeit mehrmals wiederholt hat, und es kam dahin, dass man es als eine elementare Thatsache lehrte, dass es "keinen Fuss des von uns jetzt bewohnten Landes gebe, welcher nicht wiederholt unter dem Meere gewesen sei und dass der Meeresboden eben so wiederholt das bewohnbare trockene Land gebildet habe" 1. Selbst ein so vorsichtiger und gelehrter Geologe wie Sir Charles Lyell, so sehr er auch allen geologischen Katastrophen entgegen war, hegte ähnliche Ansichten. In der 11. Auflage der "Principles of Geology" (I. S. 258) sagt er: "Obgleich Continente ganze geologische Zeiträume hindurch fortgedauert haben, so verändern sie doch im Laufe der Jahrhunderte ihre Lagen gänzlich." Der beste Beweis dafür jedoch, dass die Geologen sich gewöhnlich zu Gunsten der vollständigen wechselseitigen Verschiebung von Meer und Land aussprachen, liegt in der Thatsache, dass in einer Besprechung eines geologischen Werkes in der wissenschaftlichen Zeitschrift "Nature", erst im October 1879, die entgegengesetzte Ansicht—dass die Oceane stets in ihrer gegenwärtigen Lage sich befunden haben—als "eine spasshafte Vorstellung" erwähnt wird, die bei "praktischen Geologen" keine Gunst finde. Und doch ist diese Lehre von der allgemeinen Beharrlichkeit unserer jetzt vorhandenen Festländer und Meere, die einigen [[p. 38]] Geologen so neu und unwahrscheinlich erscheint, dass sie sie sogar als spasshaft bezeichnen, von einigen der grössten Meister der Wissenschaft acceptirt worden und wird es noch. Der altehrwürdige Geolog Dana hat sie viele Jahre lang mit Bezug auf das amerikanische Festland und implicite den ganzen Erdball gelehrt; während Geikie, der hervorragende Leiter der geologischen Landesuntersuchung für Schottland, in seinem bemerkenswerten Vortrag über "geographische Evolution" 2 nachgewiesen hat, dass sie allein mit den grossen Thatsachen der stratigraphischen Geologie vereinbar sei. Deutliche Anzeichen, die auf denselben allgemeinen Schluss hinweisen, liefern uns die physischen Merkmale der Erde und des Oceans; während bei weitem die meisten Thatsachen mit Hinsicht auf die Vertheilung und die Wanderungen der Organismen in neueren und in älteren geologischen Perioden nur durch diese Hypothese sich aneinander reihen und erklären lassen.

     Ich will nun meinen Lesern einen Abriss von diesen verschiedenen Beweisarten unter den folgenden Rubriken classificirt vorlegen.

     a) Das Verhältniss von Meer und Land im Umfange sowohl wie im Flächenraum.

     b) Umrisse des Oceanbeckens.

     c) Tiefsee und Küsten-Ablagerungen.

     d) Der Charakter und die Vertheilung der geschichteten Gesteine.

     e) Die Vertheilung von Süsswasser- und Brakwasser-Ablagerungen im Raume und in der Zeit.

     f) Die Structur und die Vertheilung oceanischer Inseln.

     Sie werden dann zu beurtheilen im Stande sein, ob die hier befürwortete Ansicht hinlängliche Wahrscheinlichkeit hat, um ihre Stelle wenigstens als eine brauchbare Hypothese einzunehmen, von der künftige Erforschungen der vergangenen physischen und organischen Geschichte der Erde ausgehen können.

     Das Verhältniss von Meer und Land eine Andeutung beständiger Fortdauer. Man weiss längst mit annähernder Genauigkeit, dass das Verhältniss des Flächenraumes des Meeres zu dem des Landes so ziemlich wie 5 zu 2 ist; bis ganz vor Kurzem indessen hat man die unbestimmtesten Vorstellungen in Bezug auf die Gestalt des Oceanbeckens gehabt; man glaubte, sie entspreche in ihren Hauptzügen der des trocknen Landes und böte, wie dieses, hohe Berge und tiefe Thäler dar. Dank jedoch neueren Forschungsreisen und den behufs telegraphischer Verbindung vorgenommenen Lothungen, besitzen wir jetzt eine zureichende allgemeine Kenntniss von dem Meeresgrunde. Die sich darauf beziehenden hauptsächlichsten Thatsachen sind auf der Abbildung Nr. 8 der neuen Auflage von Adolf Stieler's Hand-Atlas, die jetzt eben veröffentlicht wird, gut [[p. 39]] versinnlicht. Aus dieser sehr lehrreichen Karte ersehen wir, dass bei Weitem der grösste Theil des Meeresbodens aus einer riesigen Hochebene besteht, die eine Tiefe von zwei bis drei geographischen Meilen (oder von 12,000 bis 18,000 engl. Fuss) hat. Sehr beträchtliche Flächenräume in allen grossen Oceanen haben eine Tiefe von drei bis vier englischen Meilen und darüber, und da diese zusammengenommen nicht viel kleiner sind als die Theile, welche weniger als zwei Meilen tief sind, so folgt daraus, dass die mittlere Tiefe des ganzen Flächenraumes des Weltmeeres nicht viel weniger als 2 1/2 englische Meilen beträgt; und wenn wir 2 1/4 Meilen oder 13,500 engl. Fuss annehmen, so werden wir der Wahrheit ziemlich nahe kommen.

     Ganz anders ist die mittlere Höhe des Landes über dem Meeresspiegel, welche vom berühmten Humboldt auf etwa 1000 Fuss bestimmt wurde, und mag auch in Folge unserer jüngst erlangten Kenntniss des Innern Afrikas eine kleine Aenderung daran nöthig geworden sein, so wird diese doch das allgemeine Ergebniss nicht wesentlich berühren. Verbinden wir nun das Verhältniss von 13,550 bis 1000 mit dem von 5 bis 2 (dem Verhältniss des Flächenraums von Wasser und Land), so gelangen wir zu dem Resultat, dass die Wassermenge des Weltmeeres nahezu vier und dreissig Mal die der Landesmasse über dem Meeresspiegel ist.

     Der Umriss des Oceanbeckens. Ehe wir dazu schreiten, zu erwägen, wie dieses Verhältniss von Land zu Wasser auf unsere Frage einwirkt, wird es gut gethan sein, die Gestalt des Meeresbodens mit Bezug auf vorhandene Festländer ins Auge zu fassen. Die wichtigste hier zu beachtende Thatsache ist die bemerkenswerthe Nähe der 1000 Faden- oder 6000 Fuss- und der nahezu 2000 Faden-Linie an der Küste. Rings um Afrika herum z. B. ist die 1000 Faden-Linie in der Regel viel weniger als 100 Meilen vom Lande entfernt, ausgenommen im Meerbusen von Guinea und da, wo sie abbiegt um Madagascar einzuschliessen, das einst einen Theil des afrikanischen Festlandes bildete; während die 2000 Faden-Linie ihr in ungefähr gleicher Entfernung dicht folgt. Längs der ganzen Westküste von Nord- und Südamerika betragen die Entfernungen selten mehr als fünfzig englische Meilen für die Tausend Faden- und hundert für die Zweitausend-Faden-Tieflinie; während sie an der Ostküste oft zweihundert oder selbst mehr für jene beträgt; doch besteht ein grosser Theil davon aus weniger als hundert Faden tief untergetauchten Ufern, die ganz kürzlich einen Theil des Festlandes gebildet haben. In Asien befinden sich dieselben Tiefen in viel grösserer Entfernung von der Küste; dies rührt aber von der grossen Ausdehnung der seichten Ufer her, welche die jüngst überschwemmten malayischen und ostasiatischen Inseln mit dem Festlande verbinden und die unstreitig als ein Theil des asiatischen [[p. 40]] Continents betrachtet werden sollten. Die allgemeine Thatsache also ist, dass unmittelbar nachdem das Oceanbecken die Küste und das seichte, frisch untergetauchtes Land andeutende Wasser verlassen hat, es regelmässig bis zu einer Tiefe von etwa zweitausend Faden sinkt und dann eine mächtige, etwas wellenförmige Hochebene bildet, die sich hie und da über grosse Flächenräume bis auf beinahe das Doppelte ihrer durchschnittlichen Tiefe senkt.

     Diese beiden klaren Thatsachen nun, 1) dass der Kubikinhalt des Wassers im Ocean volle dreiunddreissig Mal so gross ist, wie der des Landes über dem Meeresspiegel, und 2) dass die Tiefe von 2000 Faden gewöhnlich in etwa ein- bis zweihundert Meilen von den Küsten der gegenwärtig oder vor Kurzem vorhandenen Festländer erreicht wird, sind an sich selbst fast ein Beweis für die beständige Dauer der vorhandenen Vertheilung von Meer und Land in ihren allgemeinen Zügen, wie die folgenden Betrachtungen erweisen werden.

     Man wird zugeben, dass Hebung und Senkung der Erdoberfläche zusammen vor sich gehen und stets annähernd sich gleich bleiben müssen;—dass die Hebung im grossen Ganzen nicht viel bedeutender sein kann als die Senkung, denn nach der entgegengesetzten Annahme würde im Innern der Erde eine Lücke zurückgelassen werden. Nehmen wir nun an, es senke sich ein Festland langsam, bis es vom Ocean gänzlich überschwemmt wird, während zugleich eine annähernd gleiche Fläche des angrenzenden Oceanbeckens (um den günstigsten Fall zu supponiren) in gleichem Masse sich erhebe. Da die Durchschnittshöhe des Landes nur etwa 1000 Fuss beträgt, so würde das ganze Festland, mit Ausnahme des Gebirges, bald untergetaucht sein, während sich zugleich nur ein kleiner Theil des engen Streifens zwischen der Küste und der Tausend-Fadenlinie über das Meer erhoben haben könnte, selbst wenn die steigende Fläche an der Küstenlinie beginnt. Da die Untertauchung fortdauern würde und nur die Berggipfel als Inseln zurückbleiben konnten, so wäre ein langer, schmaler Streifen längs seiner früheren Küste alles, was die Stelle des überschwemmten Festlandes eingenommen hätte, weil eine Hebung des Meeresgrundes von selbst 10,000 Fuss über das übrige Areal es nicht zur Oberfläche emporgetragen haben würde, während über dem bei weitem grösseren Theile desselben immer noch eine Tiefe von mehreren Tausend Fuss Wasser sich befinden würde. Jede weitere Hebung dieses oceanischen Areals könnte nicht ohne entsprechende Senkung eines andern Theiles des Landes oder des Meeres vor sich gehen. Es ist daher augenscheinlich, dass, falls wir nicht ausnahmsweise günstige Bedingungen annehmen, ein ganzes Festland mit Ausnahme der Berggipfel, die als unfruchtbare Inseln zurückbleiben würden, unter dem Wasser verschwinden könnte, während die entsprechenden Hebungen die Tiefe eines gleichen Meeresareals nur um 1000 oder 1500 Faden vermindern könnten.

     [[p. 41]] Wenn wir andererseits von der Annahme ausgehen, es sei ein Strich des Meeresgrundes von der durchschnittlichen Tiefe von 13,500 Fuss so weit gehoben, dass er an der Stelle eines sinkenden Continents einen neuen bilde, dann ist es ganz klar, dass das alte Festland lange vorher, ehe das neue sich über die Meeresfläche erheben kann, verschwinden würde, und so kann das tellurische Leben des einen unmöglich auf das andere übertragen werden. Um die ununterbrochene Fortdauer der organischen Typen, welche die geologische Geschichte beweist, aufrecht zu erhalten, hätte aber das neue Land stets nicht, blos in nahem, sondern in unmittelbarem Zusammenhange mit dem alten entstehen müssen, und dies kann, wie nach der Lehre des wechselseitigen Uebergangs ineinander von Oceanen und Festländern, nachgewiesen werden wegen der enormen Tiefen jener im Vergleich zu der Durchschnittshöhe dieser, nur selten, wenn überhaupt je, vorgekommen sein.

     Dieser Beweisgrund soll nun zwar nicht die beständige Fortdauer der vorhandenen continentalen und oceanischen Flächenräume darthun, wohl aber soll er die andere Annahme als äusserst unwahrscheinlich nachweisen. Wir gehen nun zu Thatsachen über, die uns eine unmittelbare Beweisart bieten.

     Die Ablagerungen der Küsten und des Oceanbettes.—Es ist klar, dass geschichtetes Gestein aus den Schuttmassen gebildet worden; doch ist es erst in vergleichsweise neuerer Zeit nachgewiesen worden, wo diese letzteren abgelagert werden. Die zahlreichen Tiefseemessungen, die man in vielen Seen und Meeren vorgenommen, haben uns eine Kenntniss von den jetzt in verschiedenen Entfernungen vom Lande sich bildenden Ablagerungen verschafft. Man hat gefunden, dass die gröberen Sedimente nur nahe der Küste, oder wenn weit davon, an Orten, wo Strömungen von einer gewissen Macht längs dem Boden sich hinziehen, gebildet werden. In immer grösseren Entfernungen wird das Material immer feiner, so dass wir von grobem zu feinem Sande und dann zu einem gleichmässigen Schlamm oder Lehm gelangen, der aus den kleinsten Gesteinsstäubchen gebildet ist, welche von den Strömungen in die See hinausgetragen worden sind und sich langsam zu Boden gesenkt haben. Alle diese Abstufungen kommen gewöhnlich in Strecken von 50 bis 100 Meilen vor, wobei der feinste Schlamm 150 und sehr selten 200 Meilen vom Lande erreicht, über welche hinaus alle von den Continenten stammenden Schuttablagerungen gänzlich aufhören.

     Die Entfernungen stimmen auf eine merkwürdige Weise mit der schwankenden Entfernung der Tausend-Faden-Linie von den Ufern aller vorhandenen Festländer überein, so dass im Allgemeinen alle geschichteten Ablagerungen im Meere gegenwärtig innerhalb dieser Linie gebildet werden. In Binnenseen, wo das Landgeröll von allen Seiten hergebracht wird, kann natürlich nur in seltenen Fällen eine grössere Oberfläche mit während [[p. 42]] desselben Zeitraumes stattgefundenen Ablagerungen bedeckt sein; das im Ocean gebildete Sediment jedoch wird nothwendigerweise auf grosse Streifen oder Gürtel beschränkt sein, welche dem Umriss der Küstenlinicn folgen und in bestimmter Weise in Zusammensetzung und Mächtigkeit abwechseln, je weiter wir uns vom Lande entfernen. Das mannigfaltige Quantum des zu verschiedenen Zeiten von Flüssen herabgeführten Niederschlags, der grössere oder geringere Grad von Zerstörung der Küsten während Perioden der Windstille und des Sturmes und die verschiedenartige Macht und Richtung oceanischer Strömungen in Folge periodischer Winde und anderer Ursachen, bringen sämmtlich Schwankungen in der Menge sowie in der Art der auf dem Meeresboden gebildeten Ablagerungen hervor, wodurch sie dann die weitverbreitete Erscheinung der Schichtung verursachen. Sobald wir indessen über die engen Grenzen, innerhalb welcher geschichtete Gesteine gebildet werden, hinausgehen, findet man, dass das Oceanbett in ein ganz anderes Gewand gekleidet ist. Diese echt oceanischen Ablagerungen sind hauptsächlich organischen Ursprungs und untermengt mit etwas meteorischem Stoffe sowie mit einem Theile feinen Continentalstaubes, der vom Winde grosse Strecken weit fort getragen wird. Sie bilden den kalk- und kiesel-haltigen Schlamm des tiefen Meeresgrundes; während sie in den tiefsten oceanischen Abgründen—durch die zersetzende Wirkung des reichlich vorhandenen Sauerstoffs in dem äusserst dichten Wasser—in den rothen und grauen Lehm, der sich dort regelmässig findet, verwandelt werden. Diese Ablagerungen werden freilich nicht geschichtet sein und sehr selten irgend einen erkennbaren Antheil an demjenigen Gesteins-Schutt enthalten, aus welchem die eigentlichen geschichteten Gesteine fast gänzlich zusammengesetzt sind.

     Ist nun die hier entwickelte Ansicht, dass nämlich unsere jetzigen Continente niemals tiefe Meere gewesen sind, die richtige, so dürfen diese oceanischen Thon- und Schlammmassen keinen Theil der geologischen Formationsreihe bilden; während sie nach der entgegengesetzten Annahme in bestimmten Horizonten, die jener Periode der geologischen Geschichte entsprechen, während welcher jedes Festland aus dem Meeresgrunde emporgehoben wurde, sich nicht nur finden, sondern weit verbreitet, wenn nicht allgemein sein sollten. Die Geologen sind indessen nicht im Stande, irgend welche dieser Ablagerungen mit den Gesteinen, die sie so genau erforscht haben, zu identificiren, und dies ist ein grosser Einwand mehr gegen die gewöhnlich acceptirte Lehre.

     Es giebt zwar eine vermeintliche Ausnahme von dieser Angabe, da viele hervorragende Männer die eigentliche Kreide als die genaue Vertreterin des kalkartigen Globigerinen-Schlammes des atlantischen Meeres gelten lassen und ihn daher für eine echte oceanische Ablagerung halten. Doch ist das Gewicht des Beweises, nicht minder als das der Autorität, dieser Identification entgegen. Es ist hier nicht der Ort, diese Frage näher [[p. 43]] zu erörtern; doch mögen einige Beispiele von den Gründen gegeben werden, auf welche die obige Angabe sich stützt.

     Zunächst sei das angeführt, was J. Murray in seinem Bericht über die oceanischen, während der "Challenger" Fahrt gesammelten Ablagerungen sagt: "Die Globigerinen-Schlamme, die wir in seichtem Wasser finden, sind der Kreide viel ähnlicher als die etwa mehr als 1000 Faden im Tiefwasser befindlichen."

     Dann haben wir das schwerwiegende Zeugniss von A. Geikie, der in seinem (bereits erwähnten) Vortrag über geographische Evolution, da wo er über die Kreide spricht, sagt:

     "Während jener Zeit erstreckte der atlantische Ocean sein Wasser über ganz Europa und nach Asien hinein. Es war aber wahrscheinlich nirgends mehr als einige hundert Fuss tief über der Gegend unseres Festlandes, selbst an der tiefsten Stelle. Auf dem Boden desselben sammelte sich eine grosse Masse kalkartigen Schlammes an, grossentheils aus Foraminifern, Korallen, Echinodermen und Mollusken bestehend. Unsere englische Kreide repräsentirt einen Theil der Ablagerungen jenes Meeresbodens." Dann haben wir die Aussage zweier Sachkundigen über die biologische Seite der Frage. Der verstorbene S. P. Woodward, Verfasser des "Manual of Mollusca", war der Ansicht, dass die so zahlreich in der Kreide vorkommenden Ammoniten und andere Cephalopoden auf eine Tiefe von weniger als 100 Faden beschränkt seien; während Gwyn Jeffries, in seiner Ansprache als Vorsitzender der British Association zu Plymouth im Jahre 1877, sagt, dass man, wenn man die ganze Reihe der in der Kreide gefundenen Molluskenarten, einundsiebzig an der Zahl, zusammen nimmt, finde, dass sie sämmtlich vergleichsweise Seichtwasserbildungen seien, von denen viele in vierzig oder fünfzig Faden nicht übersteigenden Tiefen leben, während einige auf noch seichtere Gewässer beschränkt sind. Hingegen sind diejenigen Arten, welche jetzt besonders den tiefen atlantischen Schlamm kennzeichnen, in den alten Kreideablagerungen entweder sehr selten oder fehlen gänzlich darin. 3

     Ohne uns in die Frage weiter einzulassen, können wir doch mit Gewissheit schliessen, dass kein zulänglicher Beweis dafür vorhanden ist, dass Kreide eine oceanische Ablagerung sei, und so findet man, dass die einzige unmittelbare geologische Evidenz, von der man annimmt, dass sie den Wechsel von Oceanen und Festländern begünstige, von einigen sehr erheblichen Thatsachen widerlegt wird.

     Die Vertheilung und Beschaffenheit des geschichteten Gesteins.—Wenden wir uns nun von dem auf dem Meeresgrunde sich [[p. 44]] bildenden Ablagerungen zu denen, aus welchen unsere Festländer hauptsächlich bestehen, so finden wir höchst schlagende Beweise, dass sie alle durch aufeinanderfolgende Seichtwasser-Ablagerungen längs früher vorhandener Uferlinien gebildet wurden. Was Archibald Geikie über diesen Punkt sagt, ist so schlagend und entscheidend, dass ich seine Worte anführen muss. In dem bereits erwähnten Vortrage nämlich äussert er sich wie folgt: "Unter den dichtesten Massen des sich zu Boden setzenden Gesteins—der alten paläozoischen Systeme — begegnen wir häufiger, als allem Anderen Abwechselungen von verschiedenen Niederschlägen und immer wiederkehrenden Oberflächen, die mit gut erhaltenen Wellenfurchen, Spuren und Röhren von Anneliden, unregelmässigen Austrocknungssprüngen, wie die Risse auf dem Grunde eines von der Sonne ausgetrockneten schlammigen Pfuhls, bedeckt sind. Diese Erscheinungen deuten unverkennbar auf seichte Gewässer und selbst Küsten-Gewässer hin. Sie kommen von unten bis oben in den Formationen vor, die die Mächtigkeit von mehreren Taufend Fuss erreichen. Sie können nur in einer Weise gedeutet werden, nämlich so, dass die fraglichen Formationen anfingen, im Seichtwasser niedergeschlagen zu werden; dass dann der Flächenraum der Ablagerung allmählig mehrere Tausend Fuss sank, dass aber die Schnelligkeit der Anhäufung von Niederschlägen im Ganzen mit der Senkung Schritt hielt, und folglich, dass die ursprüngliche Seichtwasser-Beschaffenheit der Ablagerungen sich erhielt, selbst nachdem der ursprüngliche Meeresgrund unter einer grossen Masse sich zu Boden setzenden Stoffes verschüttet worden war." Er weist ferner nach, dass diese allgemeine Erklärung ebenso für jüngere Becken gilt, und wenn wir uns der fortgesetzten Abwechselung von Sandsteinen, Schiefern und Kohlen in der Trias, der mit Ammoniten erfüllten Schiefer und Kalksteine in dem Lias, der Schiefer, Thone, Sandsteine und unreinen Kalksteine in den Ooliten, und endlich der Sand und Thon, sowohl wie Ammoniten bergenden Kreide der cretaceischen Formation erinnern, so sehen wir, dass das gesammte mesozoische Gestein alle Merkmale von Ufer-Ablagerungen darbietet und daher innerhalb des vergleichsweise schmalen Gürtels von Seichtwasser, auf welche jene Ablagerungen jetzt beschränkt sind und es stets gewesen, niedergelegt worden sein müssen. Die tertiären Becken bieten ähnliche, noch klarer ausgedrückte Züge dar, und man hat sie nie für Tiefseegebilde ausgegeben, so dass wir Geikie's Schlussfolgerung als unbestreitbar gelten lassen können. Sie lautet wie folgt: "Kurz, je aufmerksamer die geschichteten Gesteine der Erde erforscht werden, um so auffallender wird die Abwesenheit irgend welcher Ablagerungen darunter, welche mit Recht für Tiefseeformationen gehalten werden können. Sie sind durchaus in vergleichsweise seichtem Wasser abgelagert worden."

     So sehen wir denn, dass, wenngleich viele geschichtete Gesteine eine Mächtigkeit von 10,000 Fuss haben, es doch Alles in einem solchen [[p. 45]] Meere abgelagert worden sein kann, welches nie mehr als einige Hundert oder Tausend Fuss tief war. Die so sinkende Fläche muss längs den Ufern eines Festlandes gelegen haben, aus dessen Abschwemmung die Ablagerungen sich gebildet; doch konnte das Festland selbst an der Senkung nicht theilgenommen haben, sonst würde es bald unter dem Ocean verschwunden sein und Abschwemmung würde von da an aufgehört haben. Es ist wahrscheinlicher, dass das angrenzende Land sich, während das Meeresbett sank, erhob, wobei es eine beständige Zufuhr von Geröll durch die Abschwemmung eines erhabenen Landstriches gab. Das sehr häufige Vorkommen eines mit der Küste gleichlaufenden hohen Landes oder einer Gebirgskette deutet auf die Wahrscheinlichkeit hin, dass die Uferlinie nahezu mit dem neutralen Strich zwischen steigendem und sinkendem Lande zusammentreffen mag, und dass das Vorkommen von geschichtetem Gestein auf Höhen von 10,000 Fuss oder mehr in Gebirgsketten, von der ununterbrochenen Erhebung eines angrenzenden Landstreifens herrühren kann, um die fortlaufende Senkung der Meeresuntiefen auszugleichen, welche vorhanden sein muss, während jene dichte Masse von geschichtetem Gestein sich bildet. Die wahre Vorstellung vom Wachsthum eines Continents daher scheint die zu sein, dass er lang fortgesetzter Hebung und Senkung in angrenzenden beschränkten Streifen, gewöhnlich von linien- oder bandartiger Gestalt, ausgesetzt gewesen ist, und dass die abwechselnd sich bewegenden Areale von Zeit zu Zeit ihre Stelle verändert haben, so dass das ganze Land im Laufe langer geologischer Zeiträume unter dem Meere gewesen ist, wenngleich kein grosser Theil davon zu irgend einer Zeit gänzlich überschwemmt gewesen sein mag. Wir können uns die Erscheinung als eine Reihe sehr mächtiger säcularer Erdwellen vorstellen, die so langsam über die Oberfläche hin schlichen, dass ihre Undulationsperiode nach Millionen oder Billionen Jahren gemessen werden muss und welche in gleichen oder grösseren Zeiträumen mit Stetigkeit aufeinander folgen. Die Richtung dieser Undulationen scheint zu verschiedenen Epochen, wie man glaubt, in Folge der Starrheit, welche der Erdrinde von grossen Gebirgsketten, die aus mächtigen Massen geschichteten und metamorphischen Gesteins gebildet wurden, verliehen worden ist, sich verändert zu haben.

     Diese Auffassung stimmt trefflich mit allen hauptsächlichen Thatsachen überein, besonders mit dem Vorkommen mariner Schichtgesteine in aufeinanderfolgenden Zonen quer durch die Centren der grössten Continente; was darauf hindeutet, dass, obgleich jeder Theil eines solchen Continents zur Zeit einer oder mehreren Perioden der geologischen Geschichte unter dem Meere sich befunden hat, dieses Meer dennoch stets von continentalem Lande eng begrenzt worden ist, aus dessen Abschwemmung das Gestein des Continents nach einander sich gebildet hat. In dieser Be- [[p. 46]] ziehung steht uns noch ein Beweismittel zu Gebote, das kurz angedeutet zu werden verdient.

     Die weite Verbreitung von Süsswasser- und Flussmündungs-Ablagerungen.—Es gewinnt jetzt unter den Geologen die Ansicht Boden, dass ein beträchtlicher Theil der Gebilde, die man einst für dem Meere entsprungen hielt, wirklich ihren Ursprung im Süsswasser oder in Flussmündungen haben, und da solche Gebilde in jeder Periode geologischer Geschichte vorkommen und über alle Continente, die geologisch erforscht wurden, weithin zerstreut gefunden werden, so bieten sie einen Beweis mehr, und zwar einen sehr überzeugenden, für die Beharrlichkeit von Landoberflächen in den Gegenden vorhandener Festländer während der ganzen geologischen Zeit. Es wird daher belehrend sein, die weite Verbreitung von Ablagerungen desselben Zeitalters, welche zahlreiche Ueberreste von Land- oder Süsswasser-Organismen enthalten, zu beachten, da es klar ist, dass sie das Vorhandensein von weitverbreiteten Landoberflächen in unseren gegenwärtigen Continenten während jener Epochen darthun.

     Mit der Miocen- oder mittleren Tertiär-Periode beginnend, finden wir Ablagerungen mit Ueberresten von Land-Thieren oder Pflanzen in Devonshire und Schottland, in vielen Gegenden Frankreichs, in der Schweiz, Deutschland, Croatien, Wien und Griechenland; in Asien hat man sie in Nord-Indien, in Mittel-Indien und Birma gefunden; in Nordamerika giebt es deren viele auf beiden Seiten der Rocky Mountains, und man ist ihnen in Grönland und mehreren anderen Gegenden des Polarkreises begegnet. Wenn man sich nun erinnert, dass solche Ablagerungen sich nur in Land-Seen oder Flussmündungen bilden konnten, dass zahlreiche ähnliche Ablagerungen durch Abschwemmungen vernichtet worden sein müssen und dass viele wahrscheinlich noch unentdeckt sind, weil sie unter späteren Anhäufungen auf der Oberfläche verborgen liegen, so ist die Evidenz, die wir thatsächlich besitzen, derart, wie wir sie erwarten müssen, sobald wir annehmen, dass die Continente in jenen Zeiträumen an Umfang und Gestalt gerade so gewesen sind, wie sie es jetzt sind, wiewohl in unbedeutenderen geographischen Einzelnheiten beträchtlich von einander abweichend.

     Wenn wir nun zur secundären oder mesozoischen Periode zurückgehen, so haben wir Grund zu glauben, dass ein mit dem Mittelländischen an Umfang vergleichbares Binnenmeer sich über ganz Mitteleuropa erstreckt hat, und dass darin die uns jetzt als Kreide bekannten Lager abgesetzt wurden. In derselben Formation und auf derselben Fläche jedoch haben wir auch Sand, Lehm und Mergel, und in einigen von diesen finden wir sehr viele Land- und Süsswasser-Ueberreste, wie in den reichen Pflanzenbetten von Aachen und der Wealdenformation von England, Frankreich, Hannover und Westphalen. Diese deuten auf Ablagerungen [[p. 47]] an den Mündungen grosser Flüsse oder in wechselnden Entfernungen vom Lande in einem Binnenmeer hin, und thun das Vorhandensein eines grossen europäischen Festlandes eben so vollständig dar, wie die älteren Miocenlager. In Nordamerika kommen cretacëische Pflanzenbetten in Neu-Jersey, Alabama, Kansas, an den Quellen des Missouri, längs den Rocky Mountains von Neu-Mexiko bis zum Polarmeer, in Alaska und Californien, in Grönland und Spitzbergen vor. Die älteren Jurakalk-Gebilde liefern ebenfalls den Beweis continentaler Bedingungen in den "dirt beds" der Purbeks mit Pflanzen, Insecten und Säugethieren; in dem lithographischen Stein von Baiern mit fossilen Vögeln und Insecten, in der reichen Jurakalk-Flora von Ostsibirien und in dem Amur-Thale; in dem Waldmarmor von Wiltshire mit Wellenspuren, Holz und Muschelstücken, die auf einen ausgedehnten Strand hinweisen; in den oolitischen Kohlenlagern von Yorkshire und Schottland und in den reichen liassischen Insectenlagern Englands und der Schweiz. Die ältere triassische Formation liefert einen ähnlichen Beweis in den alten Säugethieren (Microlestes) von Württemberg, den Farnen und Coniferen des Keuper und bunten Sandsteins in Deutschland, in den Steinsalzlagern in England und in vielen Gegenden des Continents, die in Binnenlandseen oder Meeren gebildet worden sein müssen und so in gleicher Weise auf continentale Bedingungen hindeuten. In Nordamerika giebt es Kohlenfelder aus dieser Zeit in Virginien und Carolina, während sowohl in Massachusetts als auch in den Rocky Mountains Lager mit Ueberresten von Landreptilien, Amphibien und selbst Säugethieren vorkommen. So sehen wir dass unsere beiden grossen nördlichen Festländer während der ganzen mesozoischen Periode vorhanden und wahrscheinlich genau so oder mindestens eben so umfangreich waren wie jetzt.

     Wenn wir auf die paläozoischen Gebilde eingehen, so finden wir in dem Perm zahlreiche Beweise von continentalen Bedingungen in Kohlenflötzen und Schichten von fossilen Pflanzen. Diese kommen in England, Frankreich, Sachsen, Thüringen, Schlesien und Ostrussland vor. Weiter zurück, in der carbonischen Periode, begegnen wir noch weiter verbreiteten Anzeichen alten Landes in den wohlbekannten, auf allen Continenten vorkommenden Kohlenfeldern. In Europa finden wir sie in Irland, England und Schottland; in Frankreich, Spanien, Belgien, Sachsen, Preussen, Böhmen, Ungarn, Schweden, Russland und Griechenland; während sie in Asien in Sibirien, der Türkei, Persien, vielen Gegenden Indiens und in China als vorhanden bekannt sind. In Nordamerika sind sie fast ebenso ausgedehnt und weitverbreitet, und eine echte Kohlenbildung aus diesem Zeitalter kommt in Südbrasilien vor. Noch weiter zurück lässt man den rothen Sandstein der devonischen Periode jetzt allgemein für eine Süsswasserbildung gelten, und er kommt häufig sowohl in Europa wie [[p. 48]] auch in Nordamerika vor, wo er oft Süsswasser-Muscheln, Landpflanzen und selbst Insecten enthält; während Ramsay glaubt, in der noch älteren cambrischen Formation durch Eintrocknen des Schlammes entstandene Risse, sowie die Eindrücke von Regentropfen entdeckt zu haben. Wenn wir die ungeheure Menge von Abschwemmungen, welche diese Bildungen erlitten haben müssen, in Anschlag bringen, so sind wir genöthigt zu glauben, dass alle Beweise für das Alter der Landoberflächen, die wir jetzt finden, sehr selten sind im Vergleich mit denen, die entweder vernichtet oder tief unter späteren Ablagerungen begraben worden sind; und wenn wir zu diesen noch das beständige Vorhandensein jener Anzeichen, welche für die Ablagerung in seichtem Meere innerhalb einiger wenigen Meilen vom Lande sprechen, sowohl in dem mechanischen Gefüge des Gesteins und in seinen organischen Ueberresten, innerhalb der ganzen Reihe geologischen Gestaltungen, hinzuweisen, so werden wir die Ueberzeugung gewinnen, dass, wie unvollkommen auch die geologischen Urkunden in Bezug auf die Lebensgebilde, die auf der Erde vorhanden warensein mögen, wir doch aus ihnen auf die grosse Thatsache der ununterbrochenen Fortdauer unserer Continente in ihren gegenwärtigen Lagen, wenn auch ohne Zweifel unter beständig wechselnden Umrissen und schwankender Vertheilung der Binnenmeere und Gebirgsketten schliessen können. Und diese Fortdauer der Continente bedeutet auch das Beharren der grossen Oceane durch die gesammte geologische Zeit hindurch; für diese letztere Thatsache aber haben wir noch einen entscheidenden Beweis.

     Die Structur oceanischer Inseln.—Der berühmte Darwin sagt in seinem "Origin of Species" (6. Aufl. S. 288): "Wenn wir die vorhandenen Oceane betrachten, die dreimal so umfangreich sind als das Land, so sehen wir sie mit vielen Inseln besetzt; aber von kaum einer wahrhaft oceanischen Insel (mit Ausnahme von Neuseeland, wenn dieses eine wahrhaft oceanische Insel genannt werden kann) weiss man bis jetzt, dass sie auch nur ein Bruchstück von irgend einer paläozoischen oder secundären Gestaltung biete. Hieraus dürfen wir vielleicht schliessen, dass, während der paläozoischen und secundären Periode, weder Festländer, noch continentale Inseln dort vorhanden waren, wo unsere Oceane sich jetzt erstrecken; denn wären sie vorhanden gewesen, so würden aller Wahrscheinlichkeit nach paläozoische oder secundäre Bildungen aus dem von ihrer Abnutzung herstammenden Niederschlag sich angehäuft haben, und diese würden wenigstens theilweise durch die Veränderungen des Niveaus, die während dieser ungeheuer langen Zeiträume stattgefunden haben müssen, emporgehoben worden sein. Wenn wir also irgend einen Schluss aus diesen Thatsachen ziehen dürfen, so wäre es der, dass, wo unsere Oceane sich jetzt erstrecken, solche sich seit der entlegensten Zeit, über welche wir irgend eine Urkunde besitzen, erstreckt haben; und andererseits, dass, wo Festländer jetzt vorhanden sind, grosse Landstriche [[p. 49]] sich befunden haben, die zweifelsohne grossen Schwankungen des Niveaus seit der cambrischen Periode ausgesetzt gewesen sind."

     Es ist unmöglich, die allgemeine Lehre von der Stetigkeit der Festländer und Oceane klarer auszusprechen, als es in dieser bemerkenswerthen Stelle geschehen ist, die zu einer Zeit geschrieben worden ist, wo diese ganze Auffassung den meisten Geologen so neu war, dass, da Darwin allein stand, der Beweisgrund, auf welchen sie sich stützte, verhältnissmässig wenig Gewicht hatte und kaum beachtet wurde. Da dieser aber hier zur Unterstützung und Bestätigung einer Reihe anderer bestimmter Beweisgründe dient, von denen jeder auf eine Klasse von Erscheinungen sich stützt, so erlangt er neue Bedeutung und dient als ein Beispiel mehr von der wunderbaren Voraussicht seines ausgezeichneten Urhebers. Dieser Beweisgrund ist jetzt um so vollständiger, als man nachweisen kann, dass die von Darwin ausgesprochene Regel absolut ohne Ausnahme ist. Neuseeland ist keine oceanische Insel, sondern, wie in meinem "Island Life" (Kapitel XXI) nachgewiesen worden, wesentlich continental in ihrem Character; die Seychellen-Inseln sind zweifelsohne ein uralter Theil der grossen Continental-Insel Madagascar; während Rodriguez—die einzige Insel, von der man annimmt, dass sie eine Ausnahme von der Regel bilde—von den Naturforschern, welche der Expedition zur Beobachtung des Durchgangs der Venus durch die Sonne beigesellt waren, als gänzlich aus vulcanischem oder Korallen-Gestein bestehend erwiesen worden ist.

     Wichtigkeit der Lehre von der stetigen Fortdauer der Continente.—Nachdem wir nun unsere Skizze der sich von verschiedenen Seiten häufenden Beweise, für die allgemeine Fortdauer der Continente und Oceane während der bekannten geologischen Zeit vollendet haben, erübrigt es nur noch, ihre Wichtigkeit als Thatsache, als bestimmter Ausgangspunkt für jedwede Erforschung der vergangenen Geschichte der Erde, sei es der physischen oder biologischen, kurz anzudeuten. Von diesem Gesichtspunkte aus ist die gegenwärtig ersichtliche Vertheilung von Wasser und Land auf dem Erdballe ein dauernder Zug, nicht ein blosser Zufall der Zeit, in welcher wir leben, und muss während der ganzen Dauer geologischer Geschichte dazu gedient haben, die klimatischen Zustände der Erde und der verschiedenen Theile derselben zu bestimmen. So lange man annahm, dass die möglichen Wandlungen in der Vertheilung von Land und Wasser in verflossenen Zeitaltern keine Schranken hatten, waren alle Versuche, die geographischen und physischen Zustände geologischer Perioden zu ermitteln, hoffnungslos, und zwar wegen des mächtigen Meer-Areals, auf welchem, nach dieser Lehre, Festländer zu irgend einer Zeit vorhanden gewesen sein mochten, für deren Vorhandensein wir indess keinen Beweis erhalten konnten. Diese vollständige Ungewissheit über den Zustand eines so grossen Theiles der Erdoberfläche würde jedwede Kenntniss, die [[p. 50]] wir von jenem kleinen Theil, wo allein wirkliches Wissen möglich ist, erlangen konnten, wieder vollständig in Frage stellen.

     Wenn aber, wie hier behauptet wird—und, wir wagen es zu glauben, dargethan worden ist—der Wechsel von Land und Wasser sich stets streng in den annähernd bekannten Schranken bewegt hat, so werden wir uns ermuthigt fühlen, die Kenntniss, welche die Geologie uns gewährt, dazu zu verwenden, die Geographie der Erdoberfläche in aufeinanderfolgenden Zeiträumen zu bestimmen. Bei diesem Versuche werden uns die Thatsachen der geographischen Vertheilung der Organismen sehr zu Hülfe kommen, da wir durch sie oft die Periode erfahren können, in welcher jetzt getrennte Länder oder Meere zuletzt vereinigt waren, und wir werden ferner dabei durch die Kenntniss von der Gestaltung des Meeresgrundes unterstützt, da sie dazu dient, die Stätte der überschwemmten Länder annähernd anzudeuten. Eine Anwendung dieser Grundsätze auf eines der schwierigsten Probleme in der geographischen Biologie — den Ursprung und die Verhältnisse der Fauna und Flora von Neuseeland, ist von mir in meinem "Island Life" unternommen worden.

     Ein anderes Problem, welches wir zu lösen hoffen können, wenn wir diese Thatsache zum Ausgangspunkt haben, ist das der geologischen Klimate. Die grosse Wichtigkeit, welche der Vertheilung von Land und Wasser und besonders der Richtung und Kraft der Meeresströmungen bei der Feststellung des Klima's beizulegen ist, wird jetzt allgemein zugestanden. Beide können, so glauben wir, annähernd für viele geologische Perioden bestimmt werden, wenn wir das allgemeine Beharren jener Vertheilung von Land und Wasser, welche heute herrscht, annehmen; während nach der entgegengesetzten Lehre—von dem unbestimmten Wechsel oceanischer und festländischer Areale—jeder derartige Versuch gänzlich hoffnungslos ist.

     Zum Schluss möchte ich noch betonen, dass die hier befürwortete Ansicht mit jener ununterbrochenen Fortdauer auffallend übereinstimmt, welche die Entwickelung des Lebens auf der Erde gekennzeichnet zu haben scheint. Ebenso mit jener gleich bemerkenswerthen Permanenz klimatischer Verhältnisse durch die ganze geologische Zeit hindurch, bis auf jene, wo die letzte Consolidirung der grossen nördlichen Festländer und der endliche Abschluss des warmen Seewassers von dem Nordpol-Areal, mit Ausnahme eines wichtigen Zuflusses, den Eintritt der grossen Eisperiode möglich machte. Bei unbestimmt sich verändernden Festländern und Oceanen wäre es fast unmöglich, dass eine derartige ununterbrochene Fortdauer stattgefunden hätte. Anstatt der ausgedehnten geographischen Verbreitung von Organismen, welche die früheren geologischen Perioden so deutlich kennzeichnet, hätten wir dann eine grössere Mannigfaltigkeit zu erwarten, da die Continente oft gänzlich isolirt und untergetaucht waren, was in jedem derselben zu besonderen Entwickelungsreihen von [[p. 51]] sehr entlegenen Ausgangspunkten aus geführt hätte. Die durch die Verbreitung lebender Thiere dargebotenen Erscheinungen, sowie jene ihrer geologischen Reihenfolge und Verbreitung in vergangener Zeit; die eigenthümlichen Merkmale und die Vertheilung des sich zu Boden setzenden. Gesteins auf allen vorhandenen Festländern—sie alle sagen uns deutlich, dass jene Festländer Theile des ursprünglichen Skeletts des trockenen Landes unseres Erdballs sind, dass sie eine Entwickelung und ein Wachsthum durchgemacht haben und vielen Formveränderungen ausgesetzt gewesen sind; dass sie aber während des langen Zeitraums, den die geologischen Urkunden umfassen, niemals gänzlich vernichtet worden sind.

     Alfred R. Wallace. (I[sic]rith Hill Godalming.)


Notes Appearing in the Original Work

1 Page’s Introductory Text-book of Geology, 10. Aufl. 1873. S. 12. [[on p. 37]]
2 Proceedings of the Royal Geographical Society, 1879, S. 226. [[on p. 38]]
3 Eine vollständigere Erörterung dieser Frage findet man in meinem "Island Life", Capitel VI. [[on p. 43]]


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